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Sexualität in der Öffentlichkeit

Angst vor Exhibitionisten

Exhibitionismus als Krankheit

Exhibitionismus ist nicht strafbar 

Wissenswertes über Exhibitionismus

 


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Sexualität in der Öffentlichkeit 
geschrieben von Florian

Du hast es richtig erkannt: Ich bringe Exhibitionismus durchaus mit Sexualität in Verbindung, denn genau das ist Exhibitionismus: eine Sexualpräferenz. Damit ist Exhibitionismus untrennbar mit Sexualität verknüpft. Und nun komme ich zur zentralen Frage Deines Postings: „Was hat Sexualität in der Öffentlichkeit verloren?“ Diese Fragestellung ist nicht wertneutral. Aus der Fragestellung geht hervor, dass Du die Auffassung vertrittst, Sexualität gehöre nicht in die Öffentlichkeit. Deine weiteren Ausführungen bekräftigen dieses.

Dazu stelle ich an Dich die Gegenfrage: „Warum soll Sexualität nur im Verborgenen stattfinden?“ Sexualität ist ein Teil des menschlichen Lebens und Daseins. Und ein wichtiger dazu. An Sexualität ist nichts Schlechtes, wovor andere Menschen (egal ob groß oder klein) geschützt werden müssten. Sexualität ist sogar lebensnotwendig, um den Fortbestand der eigenen Art sicherzustellen. Ich halte Sexualität für genauso wichtig wie atmen, essen oder trinken. Es gibt m. E. keinen Grund dafür, Sexualität (und damit einen wesentlichen Teil des menschlichen Wesens) als unwichtig abzutun, herunterzuspielen oder vor anderen zu verbergen. 

Wenn Du nun den schlechten Ruf von Sexualität in der Öffentlichkeit ansprichst, so liegt das vornehmlich daran, dass Sexualität (und nicht nur diese, sondern auch der unbekleidete (bisweilen sogar der teilbekleidete) menschliche Körper) lange Zeit mit Tabus belegt wurde, welche aus den Moralvorstellungen vergangener Zeiten resultierten. Zu einer Zeit, in der solche Moralvorstellungen entstanden sind, mögen sie durchaus Sinn gehabt haben. 

Schauen wir uns einmal den technischen Fortschritt und medizinischen Entwicklungsstand zwischen Mittelalter und Neuzeit an, dann gab es dort beispielsweise eine Vielzahl von Krankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden konnten und nicht heilbar waren. In Unkenntnis der verschiedenen Krankheitsarten wurden diesen Krankheiten häufig sogar aufgrund ähnlicher Symptome gleiche Namen gegeben. Der damals beliebten Diagnose „Schwindsucht“ konnten z. B. mehrere Dutzend verschiedener Krankheiten zugrunde liegen, wie man heute weiß – aber keine davon war damals heilbar, jede verlief tödlich. Vor diesem Hintergrund wird durchaus verständlich, wenn die Kirche zu früheren Zeiten Keuschheit oder Enthaltsamkeit predigte, allenfalls Monogamie in der Ehe. Hierdurch konnte die Verbreitung derartiger Krankheiten zumindest eingedämmt werden.

Die Ehe hatte damals aber noch eine ganz andere Funktion. Verhütungsmittel waren seinerzeit nahezu unbekannt. Es gab zwar schon erste Versuche, Kondome aus Ziegendarm oder SchweinsbIasen herzustellen, doch als sicher konnten solche Methoden kaum gelten. Eine Sexualität, die nicht auf die Ehe bezogen war, hätte deshalb zwangsläufig zu einer Nachkommenschaft geführt, deren Überleben nicht gesichert gewesen wäre. Die Institution Ehe war die ideale Grundlage, dass Nachwuchs nicht zur gezeugt, sondern auch gesichert großgezogen werden konnte. Die damalige Rollenverteilung (Frau als Mutter kümmert sich um die Erziehung, Mann als Vater für die Sicherung des Lebensunterhalts) hat sich teilweise bis heute erhalten, zumindest in den Köpfen vieler Menschen. 

Aufgrund dieser Umstände lag es dann nur nahe, nicht nur Sexualität auf die reine Fortpflanzung zu reduzieren, sondern auch Nacktheit zu tabuisieren. Hätte man diesen Punkt außer Acht gelassen, wären vermutlich zu viele Menschen den daraus resultierenden optischen Reizen trotz Tabuisierung der Sexualität erlegen gewesen. 

Die Menschen der damaligen Zeit kann man nicht gerade als aufgeklärt bezeichnen. Das war aber nicht ihr eigenes Verschulden. Sie waren auch keineswegs dumm. Sie hatten nur nicht den Zugang zu neutralen und umfangreichen Informationen, wie wir das heute haben. Nichts lag deshalb für die Kirche näher, ihre an sich hehreren Ziele auf den Glauben zu gründen und als von Gott gewollt darzustellen. Eine Effizienz auf andere Weise ließ sich zur damaligen Zeit kaum erreichen.

Doch hat die Kirche dann nur allzu schnell gemerkt, welches Machtmittel sie damit in der Hand hatte. Und bei der Macht ist es leider auch heute noch oft so: Wer sie hat, der ist verleitet, sie zu missbrauchen. Die Kirche hat im Laufe der Zeit nicht nur ehrenwerte Ziele verfolgt, sondern häufig sehr eigennützige, um ihren eigenen Einfluss zu stärken und zu sichern und Menschen nach ihrem Willen zu formen und zu beinflussen. Dieses probate Mittel wurde als äußerst effektive Methode auch von der weltlichen Seite übernommen, damals von Herrschern (Königen, Landesfürsten etc.), später auch von Regierungen und Staaten. 

Das Tabu der öffentlichen Nacktheit oder Sexualität in der Öffentlichkeit ist inzwischen überholt. Die damals ausschlaggebenden Gründe sind ausnahmslos weggefallen. Inzwischen kann man sich prophylaktisch vor vielen Krankheiten schützen, ungewollte Nachkommenschaft läßt sich mit modernen Verhütungsmitteln vermeiden, die medizinische Wissenschaft ist so weit fortgeschritten, dass sich fast alle Krankheiten der damaligen Zeit heilen lassen.

Aber Tabus oder Regeln, die sich über Generationen dem Menschen eingeprägt haben und Teil seiner Erziehung geworden sind, sind nicht von jetzt auf gleich wieder aus den Köpfen zu entfernen. Dazu haben sie sich zu tief ins Unterbewußtsein eingeprägt, sind zu sehr Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Die typische Rollenverteilung von Mann und Frau, wie sie über Jahrhunderte (wenn nicht Jahrtausende) bestand, ist eine solche Regel, die vor langer Zeit durchaus Sinn gemacht hat (siehe oben). Erst durch rationales Vernunftdenken ist der Mensch heute zu dem Schluss gekommen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sein sollten, ausgestattet mit gleichen Rechten und Pflichten. Aber die generationenlange Prägung lässt sich nicht von heute auf morgen, nicht einmal von einer auf die andere Generation fortwischen. Bereits seit Anfang des letzten Jahrhunderts gibt es verstärkt Bestrebungen, die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau nicht nur pro Forma, sondern auch im Bewusstsein der Menschen durchzusetzen. Heute sind wir soweit, dass eine Gleichbehandlung vor dem Gesetz festgeschrieben ist. Die Praxis sieht aber immer noch anders aus. Und sieht man in viele Familien hinein, dann spielt es keine Rolle, ob es sich um junge oder alte Menschen handelt: Die Rollenverteilung von Mann und Frau ist überwiegend die gleiche geblieben.

Ich selbst kann von einem persönlichen Erlebnis berichten, wie schwer es ist, etwas Anerzogenes wieder loszuwerden. Es ist zwar nichts Weltbewegendes, aber ein deutliches Beispiel dafür, dass man Dinge verinnerlicht, ohne sie zu hinterfragen. Es ist auch ein Beispiel dafür, dass man unbewusst diese Dinge beibehält, obwohl man inzwischen über die tatsächlichen Hintergründe informiert ist und es eigentlich besser wissen müsste. Als Kind wurde mir (wie vielen anderen Kindern wohl auch) erzählt, dass es ungesund sei, frisches Obst zu essen (insbesondere Steinobst) und gleichzeitig oder kurz danach etwas zu trinken. Man müsse mindestens zwei bis vier Stunden warten, bevor man etwas trinken dürfe, sonst bekäme man fürchterliche Bauchschmerzen. Als Kind verinnerlicht man so etwas. Und behält es ein Leben lang. Meine Eltern haben das von ihren Eltern gehört, und die wiederum von deren Elten. So etwas vererbt sich von Generation zu Generation. Noch heute schrecke ich davor zurück, nach dem Genuss von Obst etwas zu trinken. Unbewußt habe ich keinen Durst, selbst wenn es im Sommer noch so warm ist. An der Flüssigkeitsaufnahme durch das Obst kann es nicht liegen, dazu wäre die Menge zu klein. Es besteht eine psychologische Barriere, die auch nicht dadurch überwunden wird, dass ich inzwischen über die wahren Hintergründe aufgeklärt bin.

Früher hat es durchaus Sinn gemacht, eine solche Regel aufzustellen. Hintergrund war die Tatsache, dass es seinerzeit aufgrund der Keimbelastung des Trinkwassers bei gleichzeitigem Genuß von Obst im Magen und Darm zu Gärungsprozessen kommen konnte, die Bauchweh auslösten. Doch seit über hundert Jahren ist die Hygiene und die Trinkwasserqualität in den westlichen Industrieländern so hoch, dass eine Keimbelastung normalerweise ausgeschlossen ist. Kein Grund also, Wasser und Obst nicht gleichzeitig zu genießen – von anderen (keimfreien) Getränken der Lebensmittelindustrie ganz abzusehen. Dennoch scheue ich mich noch heute davor, beides gleichzeitig zu tun, obwohl ich es besser weiss. Und ich bemerke immer wieder, wie Müttern auch heute noch ihren Kindern diese Schauergeschichte erzählen. 

Genauso verhält es sich mit Nacktheit und Sexualität in der Öffentlichkeit. Ein Tabu, das von Generation zu Generation in der Erziehung weitergegeben wird, ohne dass sich jemand der Unsinnigkeit seines Tuns bewusst wäre.

Dinge und Handlungen zu tabuisieren und feste Regeln aufzustellen, nach denen Menschen leben müssen, mögen zwar zum Zeitpunkt der Einführung Sinn machen, aber sie haben einen entscheidenden Nachteil. Derartige Tabus und Regel graben sich tief in das Bewußtsein eines Menschen ein und werden von ihm verinnerlicht, werden zu einem Teil seines Verhaltens und seines Wesens. Und selbst wenn solche Regeln unsinnig geworden sind, weil sie schon längst von der Zeit überrollt wurden und von der menschlichen Weiterentwicklung hinter sich gelassen wurden, werden sie immer noch von Generation zu Generation in der Erziehung weitergegeben, obwohl eigentlich keiner genau weiß, warum.

Niemand kann deshalb heute konkrete, nachvollziehbare oder logische Gründe angeben, warum öffentliche Nacktheit oder Sexualität in der Öffentlichkeit verboten sein sollte. Angegebene Gründe sind oft fadenscheinig, weit hergeholt und nur vordergründig. Sie scheinen lediglich dazu zu dienen, das eigene Gewissen zu beruhigen, in welches sich das tabuisierte Thema seit frühester Kindheit eingegraben hat. Ein Gefragter scheint sich rechtfertigen zu wollen, warum er genau so denkt und handelt, ohne dass es dafür konkrete Gründe gäbe. Prüft man solche angeblichen Begründungen nach und hinterfragt sie, fallen sie wie Kartenhäuser in sich zusammen.

Ich will damit keineswegs diejenigen Menschen verteufeln, die sich aufgrund ihrer Erziehung gar nicht anders verhalten können, als sie es tun. Ich bin ihnen auch nicht böse, dass sie eine Meinung vertreten, die meines Erachtens nicht mehr vertretbar ist. Aber ich erwarte von ihnen, dass sie sich mit den Meinungen Andersdenkender genauso auseinandersetzen, wie ich es mit ihrer Meinung tue. Erst wenn man auch andere Standpunkte erkennt, andere Sichtweisen an sich heranläßt und andere Auffassungen zu verstehen versucht, ist man in der Lage, seine eigene Denk- und Handlungsweise dagegen zu setzen und beide Sichtweisen miteinander zu vergleichen und ggf. zu hinterfragen, um zu einer Entscheidung zu kommen, die nicht ausschließlich von gesteuerten Reglements und überlieferten Vorstellungen geprägt ist, sondern die sich aus freier Überlegung und Würdigung aller Umstände ergibt, unabhängig, wie diese Entscheidung ausfallen wird. Der Mensch ist ein Wesen, welches sich frei entscheiden kann. Diese Fähigkeit sollte er nutzen und nicht aus Bequemlichkeit das Denken anderen überlassen. Sonst wird diese Fähigkeit bald verkümmert sein und andere, welche die Regeln aufstellen und ihm vorschreiben, werden sonst vielleicht schon bald aus Eigennutz nicht mehr zulassen, dass er sich frei entscheiden und enfalten kann.


Angst vor Exhibitionisten 
geschrieben von Florian

Die Angst vor Exhibitionisten, wie Du sie in Deinem Posting schilderst, ist durchaus oft gegeben. Frauen, denen unvermutet ein Exhibitionist gegenüber steht, sind erschrocken, weil sie etwas vermuten oder befürchten, was sich in ihrem Kopf abspielt. Ein plötzlich aus dem Gebüsch heraustretender Exhibitionist, der seinen langen Mantel öffnet und nichts darunter trägt, bedient allerdings eher das gängige Klischee des exhibitionistischen Verhaltens, als dass dieses die Regel wäre. Exhibitionisten wollen schließlich ihr Gegenüber (ich verwende hier bewußt nicht den Begriff Opfer, weil ich die Betrachter und Betrachterinnen von exhibitionistischen Handlungen nicht für Opfer halte) nicht erschrecken, sondern von ihnen Anerkennung, teilweise sogar Bewunderung, zumindest aber Interesse an ihrem Tun erhaschen. Mit dem Erschrecken ihrer Gegenüber können Exhibtionisten ihr Ziel aber nicht erreichen, es würde vereitelt. Exhibitionisten sind also daran interessiert, ihr Opfer nicht zu erschrecken oder zu ängstigen. 

Es stellt sich also die Frage, warum Menschen (bei heterosexuell veranlagten Exhibitionisten vornehmlich Frauen) angesichts einer exhibitionistischen Handlung erschrocken sein können. Die Antwort hast Du selbst schon gegeben: Frauen vermuten leicht und schnell, dass der Exhibitionist vielleicht mehr von ihnen wollen könnte, was eventuell sogar in einer Vergewaltigung gipfeln könnte. Hierzu ist ein typischer Exhibitionist aber nicht in der Lage. Er gewinnt seine Lust aus dem Zeigen, nicht aus einer Gewaltanwendung. 

Wenn eine Frau denkt, sie könne vergewaltigt werden, erzeugt dieses selbstverständlich Ängste und der Ruf nach Hilfe und der Polizei ist dann durchaus verständlich. Aber genau das ist ein Problem, mit dem Exhibitionisten stets zu kämpfen hatten und immer noch haben: Sie werden nicht für das verfolgt und bestraft, was sie mit ihrem eher harmlosen Verhalten getan haben, sondern für das, was sie in den Köpfen der Menschen alles hätten tun können. Sie werden bestraft für eine mögliche Gewaltanwendung, eine denkbare Vergewaltigung oder sogar eine eventuelle Misshandlung ihrer Betrachter – und das alles, obwohl sie sich nichts von alledem haben zu Schulden kommen lassen. 

Damit in einem Rechtsstaat eine solche Bestrafung überhaupt möglich ist (denn normalerweise kann niemand für etwas bestraft werden, was er nicht gemacht hat und auch nicht tun wollte), musste der Gesetzgeber ein Gesetz erfinden, welches dieses Gebot rechtsstaatlichen Handelns umgeht. Dieses Gesetz hat er dann auch erlassen, indem der Gesetzgeber den Exhibitionismus (also das reine harmlose Zeigen) bereits unter Strafe stellt. Wie sonst ließe sich erklären, dass Exhibitionisten wie Schwerverbrecher (Mörder, Vergewaltiger, Räuber, Geiselgangster, vgl. mein vorheriges Posting vom 01.10.2002) von der Polizei gejagt werden, obwohl sie nur harmlos etwas zur Schau gestellt haben, was man heute schon auf fast jeder Plakatwand sieht. Die Presseberichterstattung tut leider aus rein eigennützigen Motiven zur Auflagensteigerung ein übriges dazu, dass in der öffentlichen Meinung Exhibitionisten mit Vergewaltigern und Kinderschändern in einen Topf geworfen werden, indem sogar die seriöse Presse von einer objektiven Berichterstattung abweicht und Berichte in der Manier einer Sensationspresse verfasst.

Die Angst, die Menschen packt, ist nicht die Angst vor Exhibitionisten, sondern vor anderen Menschen, die Gewalt anwenden könnten. Ein jeder kennt wohl das Gefühl, wenn er nachts allein in einer dunklen, unbelebten Gegend unterwegs ist und plötzlich hört er hinter sich Schritte, die vielleicht auch noch näher kommen. An die Tatsache, dass es sich vermutlich um einen harmlosen Passanten handelt, der wahrscheinlich die gleiche Richtung hat wie man selbst, denkt in solch einer Situation wohl niemand. In seinen Gedanken malt man sich das Schlimmste aus, angefangen von Überfall und Raub bis hin zu Gewalt und Totschlag. Und nur die Überlegung, dass man sich wohl lächerlich machen würde, wenn man jetzt die Polizei riefe und es wäre tatsächlich nur ein harmloser Passant, hält einen davon ab, die Ordnungskräfte zu alarmieren. Man beschleunigt also allenfalls seinen Schritt, wechselt die Strassenseite oder geht einen anderen Weg als den geplanten, um festzustellen, dass der angebliche Verfolger gar nicht folgt.

Genau das Gleiche könnte man auch bei einem harmlosen Exhibitionisten tun: Nicht hinsehen, einfach weggehen. Besonders mutige Menschen können auch sagen, dass sie das nicht sehen möchten. Und die Sache wäre erledigt. Aber bei harmlosen Exhibitionisten sieht die Sache anders aus, wenn man die Polizei ruft. Da macht man sich nicht lächerlich, weil Exhibitionismus ja schließlich unter Strafe gestellt ist. Da hat man dann endlich einen Grund, seine Angst vor Mördern und Vergewaltigern zu kanalisieren und es allen Mördern und Gewalttätern auf dieser Welt einmal so richtig zu zeigen, indem man die Polizei ruft und den Exhibitionisten verfolgen und jagen lässt. 

Die Zeit ist reif dafür, dass die Öffentlichkeit über Exhibitionismus als eine Form der menschlichen Sexualität aufgeklärt wird. Und sie muß die Möglichkeit haben, zu erfahren, wie diskriminierend mit Exhibitionisten umgegangen wird. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, sich ihre eigene Meinung vorurteilsfrei bilden zu dürfen, unabhängig von kirchlichen Moralvorstellungen, staatlichen Sanktionen oder reisserischer Presseberichte. 

Exhibitionismus als Krankheit 
geschrieben von Florian

Exhibitionismus ist keine Krankheit, sondern eine Form der Sexualität. Diese Form existiert gleichberechtigt neben anderen Formen der Sexualität. Exhibitionismus ist eine Sexualpräferenz, d. h. eine bestimmte Vorliebe in bezug auf sexuelle Praktiken. Eine solche Sexualpräferenz bedeutet nicht, dass andere sexuelle Praktiken ausgeschlossen werden. Bei enger Auslegung des Begriffs Sexualpräferenz gilt jede von der Norm (Geschlechtsverkehr zur Fortpflanzung) abweichende sexuelle Praktik als Sexualpräferenz (also Stellungswechsel, Oralverkehr, Analverkehr, Sex unter der Dusche, Reizwäsche, Hilfsmittel etc.). Ich gehe demnach davon aus, dass jeder Mensch eine oder mehrere Sexualpräferenzen hat. Exhibitionismus ist eine davon. Exhibitionisten sind auch nicht auf den Exhibitionismus als einzige Form der Sexualität fixiert (genausowenig wie jemand, der Oralverkehr mag, diese Sexualpraxis ausschließlich ausübt). Die Bandbreite der Sexualität ist bei Exhibitionisten genau wie bei allen anderen Menschen sehr weit. Erst wenn ein Mensch sich auf eine bestimmte Sexualpräferenz fixiert und alle anderen sexuellen Aktivitäten dadurch ausschließt, spricht man von einer gestörten Sexualpräferenz.

Heterosexualität ist ebenfalls eine solche Sexualpräferenz. Das ist vielen nicht deutlich, weil sie Heterosexualität als die Norm ansehen. Irgendjemand hat einmal gesagt (leider ist mir sein Name entfallen): „Heterosexualität ist nicht normal. Sie ist nur üblich.“ Weder Heterosexualität noch Exhibitionismus sind Krankheiten. Niemand käme auf die Idee, einem Menschen die Heterosexualität wegtherapieren zu wollen. Wenn bestimmte Menschen glauben, Exhibitionisten seien therapierbar und müssten in eine therapeutische Behandlung, dann zeugt das davon, dass sie sich nicht ausreichend mit der Thematik auseinander gesetzt haben. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen längst, dass sich Sexualität nicht wegtherapieren lässt, da sie zum Grundbedürfnis des Menschseins gehört. Ebenso lässt sich Exhibitionismus nicht therapieren. Therapieversuche zeigen entweder keinen Erfolg oder nur einen vorgetäuschten Erfolg. Letzterer tritt dann ein, wenn Exhibitionisten zu einer (erfolglosen) Therapie verpflichtet werden, mit der Maßgabe, dass sie bei einem Therapieerfolg z. B. einer Freiheitsstrafe entgehen können, denn unverständlicherweise ist Exhibitionismus in einigen westlichen „Kulturländern“ immer noch mit Strafe bedroht.

Zum Thema, dass Exhibitionismus keine Krankheit ist, empfehle ich folgende Literatur, falls Du Dich mit der Materie näher beschäftigen möchtest: 1. „Das klinische Bild und der Familienhintergrund des Exhibitionismus“ von Eva Schenk, Münster 1983, 104 Seiten; 2. „Der Exhibitionismus: eine forensisch-psychiatrische Untersuchung“ von Adolf Pietzcker, Tübingen 1969, 208 Seiten; 3. „Katamnestische Untersuchungen zum Exhibitionismus“ von Elisabath Zorn, Saarbrücken 1976, 92 Seiten; 4. „Genital exposing behavior in adult human males: a clin. study of a coping mechanism“ von Erik Louis Henri Marie von de Loo, Leiden 1987, 126 Seiten. 

Exhibitionismus ist nicht strafbar
geschrieben von Jurjus

In der Diskussion zu diesem Thread lese ich immer wieder, dass Exhibitionismus strafbar sei. Das ist jedoch ein weit verbreiteter Irrtum, dem viele Menschen unterliegen. Aufgrund dieses Irrtums kommt es auf diesem Sektor häufig zu Strafanzeigen, die nicht gerechtfertigt sind. 

Exhibitionismus ist vollkommen straffrei. Lediglich exhibitionistische Handlungen können mit Strafe bedroht sein (richtig: "sie können bedroht sein" - nicht "sie sind bedroht"; exhibitionistische Handlungen können genauso gut auch straffrei sein). 

Exhibitionistische Handlungen sind nur dann strafbewährt, wenn dadurch jemand einen anderen belästigt (nicht bereits strafbar, wenn sich der andere nur belästigt fühlt - es muss stets ein objektives Tatbestandsmerkmal vorhanden sein, Subjektivität allein reicht nicht aus). Die objektive Belästigung reicht für eine Strafbarkeit allein ebenfalls noch nicht aus. Die Person, zu deren Nachteil die Belästigung erfolgte, muss zusätzlich zur objektiven Belästigung Strafanzeige erstatten, damit eine strafbare Handlung überhaupt vorliegt (Exhibitionismus ist kein Offizialdelikt, sondern ein Antragsdelikt). 

Es ist in der deutschen Rechtsprechung nicht leicht, aus einer exhibitionistischen Handlung eine strafbare Handlung herbeizukonstruieren, denn vielfach liegt eine strafbare Handlung gar nicht vor. Denn wenn alle vorgenannten Rahmenbedingungen erfüllt sind, muss außerdem noch die Vorsätzlichkeit der Handlung gegeben sein. Jede strafbare Handlung erfordert einen Vorsatz des Täters, die strafbare Handlung zu begehen (von Versuchsdelikten, bei denen auch der Versuch der Tat bereits strafbar ist, einmal abgesehen - Exhibitionismus gehört nicht zu diesen Versuchsdelikten). Die Strafbarkeit des Exhibitionismus bezieht sich auf die Belästigung, nicht auf das Vorzeigen. Der "Täter" muss also sein "Opfer" belästigen wollen. Dieses kann aber den meisten Exhibitionisten nicht unterstellt werden, da sie andere Personen durch ihre Handlungen allenfalls "beeindrucken" wollen, Anerkennung suchen oder ihr Tun als "lustvoll" empfinden, keinesfalls aber belästigen oder verängstigen wollen. Letzteres zeigt sich bereits daran, dass Exhibitionisten ihr Tun i.d.R. sofort abbrechen, wenn das Gegenüber nicht positiv reagiert. 

Vielen Personen (auch unter den Behördenvertretern und der Polizei) dürfte der vorstehende Sachverhalt nicht hinreichend bekannt sein. Dieses führt zu Fehlern bei der Verfolgung vermeintlich exhibitionistischer Straftaten und bei der Bearbeitung entsprechender Strafanzeigen. Nähere Erläuterungen über die Nichtstrafbarkeit des Exhibitionismus bzw. exhibitionistischer Handlungen finden sich in den einschlägigen Kommentaren der Rechtsliteratur zu § 183 StGB. 

Abschliessende Anmerkung: Juristische Kommentare sollten nicht nur für Juristen zur Pflichtlektüre gehören, sondern für alle, die mit der Materie beschäftigt sind.

Fakten und Wissenswertes über Exhibitionismus
-
die sexuelle Lust am Zeigen - geschrieben von Alfred Esser 11/ 03

Jahrelange Erkenntnisse in Zusammenarbeit mit Exhibitionisten sind :

1. Es ist Unsinn und ein böswilliges Vorurteil, dass Exhis Ihre Lust aus der Angst und dem Erschrecken ihres Gegenübers erzielen.

2. Es ist falsch, dass Exhis ein gestörtes Verhältnis zu Frauen haben und dazu extrem schüchtern, hässlich, kontaktscheu oder stark verunsicherte Menschen sind. Sie sind nicht anders als der Durchschnittsbürger. Es gibt unter den Exhis auch durchaus gutaussehende wohlgeformte und intelligente Männer jeden Alters.

3. Die meisten Exhis sind heterosexuell und zeigen sich ausschließlich vor erwachsenen Frauen. Nur sehr wenig Exhis finden einzig und alleine nur bei der Zurschaustellung ihre sexuelle Befriedigung. Viele haben außer ihrer Zeigelust ein intensives, fantasiereiches Sexleben mit der Partnerin . In der Regel zeigen sich somit heterosexuelle Exhis nur vor Frauen, homosexuelle vor Männern, bisexuelle vor Männern und vor Frauen, pädophile vor Kindern und nur ein ganz geringer Teil lässt vor jedem und allen die Hose herunter.

4. Es ist eine Tatsache, dass weibl. Exhibitionismus in unserer Gesellschaft allgemein willkommen und toleriert wird , während männlicher Exhibitionismus geächtet und nach § 183 kriminalisiert wird.

5. Ein exhib. Pärchen (Mann und Frau) wird von der Gesellschaft nicht so verwerflich eingestuft und strafrechtlich verfolgt als ein Mann, der sich allein zur Schau stellt.

6. Einige Exhis würden liebend gerne mit ihrer Partnerin vor ihrer Zielgruppe exhibieren (sich beobachten lassen) – doch kaum eine Frau / Partnerin ist oder wäre dazu bereit.

7. Es ist eine Tatsache, dass es Frauen gibt, die freudig und lustvoll bei einer exhib. Darbietung zusehen und das Gebotene aufregend finden, während andere sich ekeln und sich als Opfer ansehen.

8. Es ist für einen Exhi nichts ungewöhnliches, dass er selbst noch kurz vor oder nach genussvollem Sex mit seiner Partnerin – wenn sich die Gelegenheit ergibt -  vor einer anderen fremden Frau (Zielgruppe) exhibiert.

9. Bemerkenswert ist, dass eine exhib. Darbietung vor einer Frau / Prostituierten (gegen Bezahlung) , bei der ein Exhi. der Betrachterin eine gewisse Zuneigung, Anerkennung, Sympathie und Faszination entgegenbringt und ihr eine erotischen Ausstrahlung bestätigt – sie selbst Freude an der exhib. Handlung hat und dadurch stimuliert wird, sich selbst hemmungslos und schamlos zu zeigen. Sehen und gesehen werden kann für Beide zu einer lustvollen Befriedigung werden.

10. Therapeuten und Psychologen haben fast ausschließlich nur mit Exhis zu tun, die strafrechtlich in Erscheinung traten und daher unter juristischem und sozialem Zwang stehen, sich einer Behandlung zu unterziehen. Eine reale Bewertung und Beurteilung der sogenannten Experten ist daher einseitig bzw fragwürdig.

11. Die meisten Exhis sind nicht in der Lage mit der Ehefrau / Partnerin über ihre exhib. Neigung ( aus Scham ) zu sprechen und wenn doch, dann nur sehr begrenzt.

12. Es gibt bislang keine plausible Erklärung dafür, warum unter denselben familiären und sozialen Voraussetzungen in einer Person die exhibitionistische Neigung steckt/vorkommt - in der anderen nicht. Ähnlich wie bei der Homosexualität (schwul, lesbisch) oder Transsexualität.

13. Männliche Exis leiden nicht unter ihrer Neigung, sondern an der gesellschaftliche Ächtung und der juristischen / strafrechtlichen Verfolgung.

14. Nachdem es keine plausible und fundierte Erklärung darüber gibt, warum einige Menschen exhib. veranlagt sind und andere wiederum nicht, kann es durchaus sein, dass die exhib. Neigung eine angeborene Veranlagung ist, dass diese Vorliebe in den Genen steckt, oder auch durch Hormone ausgelöst wird. Zumindest kann dies nicht widerlegt werden.