Achim's Schriftverkehr mit dem Ministerium der Justiz

- chronologisch geordnet -

 
Thema: Gendatei fuer Exhibitionisten
Datum: 09.08.2001
An: poststelle@bmj.bund.de
Blindkopie: Esser Alfred


Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgenden Schriftverkehr mit dem Nieders. Ministerium der Justiz bitte ich zur Kenntnis zu nehmen und an die Ministerin Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin unbedingt weiterzuleiten. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Mit freundlichem Gruss
Achim F.


Betrifft: Gendatei auch für Exhibitionisten

Der Justizminister fordert, auch eine Gendatei für Exhibitionisten einzuführen und will die "Gefährlichkeit" dieser Randgruppe prüfen lassen. Angesichts der anhaltenden Verbrechensfälle gegen Kinder habe ich durchaus Verständnis für präventive Maßnahmen. Doch sollte inzwischen klar sein, daß ein Vorzeiger im Sinne des § 183 StGB absolut harmlos ist und keinen Körperkontakt zu seinem Gegenüber sucht! Er sucht seine Lust weder aus dem Erschrecken noch aus dem Schock seiner BetrachterInnen.

Die Forderung nach einer Gendatei ist daher eine Farce und abzulehnen. Ich persönlich befasse mich seit mehr als 20 Jahren mit diesem Phänomen und habe wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Unsinn um die sogenannte Gefährlichkeit von Exhibitionisten belegen. Schauen Sie bitte unter

http://www.zeigelust.de.vu
http://members.aol.com/waldfkk/Def-Exhi/definitionen-exhi.htm


und informieren Sie sich, bevor weitere diskriminierende Entscheidungen getroffen werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Achim F.

Was ist Exhibitionismus wirklich?

Vorzeigen der Geschlechtsteile (Penis, Vagina, Brüste, Gesäß) mit dem Ziel, sexuelle Erregung zu erreichen, während ein Zuschauer an diesem Schauspiel Interesse zeigt. Das Besondere dieses Verhaltens liegt darin, daß es sich erstens um einen sexuellen Kontakt auf Distanz handelt, wobei in den meisten Fällen der Passant diese Konfrontation nicht erwartet, und zweitens werden unbekannte Zuschauer (Männer, Frauen und Kinder) bevorzugt. Exhibitionisten können sowohl Männer als auch Frauen sein. Darunter befinden sich auch homosexuelle oder lesbische ExhibitionistInnen. Gleichgeschlechtliche Neigungen schließen die Lust am Zeigen nicht aus.

Exh. Handlungen im Sinne des § 183 StGB (Strafgesetzbuch) gelten als krankhaft und als Sucht, weil sie von der Gesellschaft als abnorm empfunden, kriminalisiert und geächtet werden. ExhibitionistInnen sind oft durchaus in der Lage, normalen Geschlechtsverkehr auszuüben und befinden sich mitunter im ehelichen Status. Die weitverbreitete Ansicht, Exhibitionisten würden ihre sexuelle Lust aus dem Erschrecken ihrer BetrachterInnen gewinnen, Angst oder Panik könne die Erregung steigern, ist nicht richtig. Ängste entstehen oft, weil sich der Exhibitionist aus Angst vor juristischen Folgen verstecken muss und somit seine Zurschaustellung "aus heiterem Himmel" vornimmt.


Die Antwort des Pressesprechers:

Thema:    AW: Gendatei fuer Exhibitionisten    
Datum:    08.08.2001 15:23:03 (MEZ) - Mitteleurop. Sommerze    
From:    Maritta.Harling@mj.niedersachsen.de (Harling, Maritta)
To:    Waldfkk@aol.com ('p=land-ni;a=DBP;c=DE;dda:RFC-822=Waldfkk(a)aol.com;')
   
Niedersächsisches Justizministerium
- Pressestelle -
Tel.: 05 11/1 20-50 44
Fax: 05 11/1 20-51 81
E-Mail: Pressestelle@mj.niedersachsen.de
Internet: www.niedersachsen.de/MJ1.htm
 

Sehr geehrter Herr F.,

bei den durch Sie kritisierten angeblichen Forderungen von Justizminister Pfeiffer "eine Gendatei für Exhibitionisten einzuführen", handelt es sich lediglich um die Anregung an die Kriminologie, die Ergebnisse einer Studie des LKA in Hessen in Niedersachsen auf flächendeckende Stichhaltigkeit zu überprüfen. Dort ist festgestellt worden, dass auf Grund der Eigenart der polizeilichen Kriminalstatistik bislang möglicherweise ein falsches Bild über die Interdependenz von sexuellen Gewalttaten und Exhibitionisten bestand. Bei genauerer Analyse zeigte sich, dass ca. 25 % der wegen sexueller Gewalttaten Verurteilten eine Vorgeschichte als Exhibitionisten aufwiesen, die jedoch in der Statistik nominell normalerweise nicht mehr auftaucht. Im Interesse des Opferschutzes und verbesserter Aufklärungschancen bei sexuellen Gewalttaten könnte es sich als sinnvoll erweisen, die DNA von wegen Exhibitionismus Verurteilten zu speichern und die bisherige allgemeine Lehrmeinung diesbezüglich zu korrigieren. Aber vor der Diskussion einer sowieso auf Bundesebene zu treffenden Regelung muss entsprechende Aktenanalyse durchgeführt werden.
Ich hoffe Ihre Bedenken damit ausgeräumt zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Dr. Frank Woesthoff
Pressesprecher

Meine Stellungnahme vom 08.08.2001:

Sehr geehrter Herr Dr. Woesthoff,

vielen Dank für Ihre prompte Rückmeldung. Erlauben Sie, wenn ich auf Ihre Ausführungen kurz eingehe:

Die von Ihnen genannte Studie des LKA Hessen stellt das Niedersächsische Justizministerium sicher zurecht in Frage und fordert daher eine flächendeckende Überprüfung. Das ist umso mehr begrüßenswert, als daß man davon ausgehen kann, daß die hessische Behörde offensichtlich nur nach Aktenlage ermittelte, sich aber nicht die Mühe gemacht hat, die Interdependenz zwischen Gewaltverbrechen und Exhibitionismus wissenschaftlich und medizinisch zu belegen.

Wenn man unterstellt, daß 25% der wegen sexueller Gewalttaten Verurteilten eine Vorgeschichte als Exhibitionisten aufwiesen, dann rechtfertigt dies keinen Zusammenhang und ist aus meiner Sicht weit hergeholt. Solange nicht sicher ist, ob exhibitionistische Neigungen bereits in Einzelfällen Auslöser einer Gewalttat sein können, halte ich eine Aufnahme dieser betroffenen Gruppe in die Gendatei für überspitzt und diskriminierend. Ich würde einer solchen Entscheidung ggf. jedoch sofort zustimmen, wenn zuverlässige Gutachten diesen Beweis erbringen. Mit der Materie der tabuisierten männlichen Zeigelust sind die Mediziner und Gutachter allerdings kaum vertraut, so daß auch ein solcher Nachweis als äußerst fragwürdig und bedenklich anzusehen wäre.

Eine Gendatei für Exhibitionisten wäre angesichts der wackeligen Statistik des LKA Hessen ohnehin kaum von Nutzen, weil ein Restrisiko von 75% bestehen bliebe. Dieser Anteil wäre dann jene Gruppe, die Gewalttaten verübt, nicht aber zum Kreis der Exhibitionisten gehört, die registriert wäre. Zu berücksichtigen wäre dabei auch die Dunkelziffer jener, die trotz ihrer exhibitionistischen Handlungen strafrechtlich noch nicht erfaßt sind.

Bedenken Sie bitte auch, daß eine Gendatei für harmlose Vorzeiger in der Bevölkerung die ohnehin weitverbreiteten Vorurteile nur bestätigen würde und Exhibitionisten dann aus einer Überzeugung heraus mit Gewaltverbrechern in einen Topf geworfen werden. Der § 183 StGB ist, wie Sie wissen, ganz eindeutig nicht mehr zeitgemäß, verstößt gegen den Gleichheitsgrundatz und diskriminiert die männliche Zeigelust - ganz im Gegensatz zur weiblichen - auf das Schärfste.

Die verantwortlichen Minister sollten sich vielmehr auf eine Änderung oder Abschaffung dieses Paragraphen konzentrieren (eine Ordnungswidrigkeit tut es auch) sowie für eine gezielte Aufklärung in der Bevölkerung (bereits in den Schulen) sorgen und nicht darauf hinarbeiten, daß eine harmlose Randgruppe nicht in ein noch tieferes Loch gerissen wird. Bei den Homosexuellen, die heute (zumindest bei uns) einen ganz anderen Status haben, zeigte man seinerzeit ebenfalls Verständnis. Es bestand Handlungsbedarf, zu dessen Einsicht die Politiker denn auch endlich gelangten, deren Entscheidung, den § 175 zu entfernen, sich bis heute als richtig erwies. Handeln auch Sie bitte und geben Sie meinen Appell an Herrn Prof. Dr. Pfeiffer weiter, der die Sache ggf. auf Bundesebene zu einer Diskussion bringen kann.

Mit freundlichem Gruss
Achim F.

 

Thema: Exhibitionismus
Datum: 15.08.2001 09:31:15 (MEZ) - Mitteleurop. Sommerze
From:    Maritta.Harling@mj.niedersachsen.de (Harling, Maritta)
To:    "/DD.MSXENCAP=SMTP/RFC-822=Waldfkk(a)aol.com/"@mj.niedersachsen.de ('Waldfkk@aol.com')


Niedersächsisches Justizministerium
- Pressestelle -
Tel.: 05 11/1 20-50 44
Fax: 05 11/1 20-51 81
E-Mail: Pressestelle@mj.niedersachsen.de
Internet: www.niedersachsen.de/MJ1.htm
           

Sehr geehrter Herr F.,

Ihr Schreiben habe ich an Minister Prof. Dr. Pfeiffer weitergegeben. Kommentierend möchte ich dazu noch bemerken, dass es sich nicht darum handeln kann, eine spezielle Exhibitionistendatei anzulegen oder sexuelle Neigungen zu diskriminieren, wenn sie denn andere nicht beeinträchtigen. Es kann nur darum gehen, diesen Kreis von Verurteilten der allgemeinen BKA-Datenbank hinzuzufügen, denn es steht außer Frage, dass sich die Ermittlungserfolge weiter verbessern ließen, sollten sich die Ergebnisse aus Hessen bestätigen lassen. Die Aufklärungsquote ist in den vergangenen Jahren durch die Rückgriffsmöglichkeit auf gespeichertes DNA-Material bereits deutlich gestiegen. Fehl geht meines Erachtens der Verweis auf die gesellschaftliche Akzeptanz "weiblicher Zeigelust". Äpfel und Birnen sollte man nicht verwechseln - und der Frauenanteil an sexuellen Gewalttaten dürfte bekannt sein.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Woesthoff
- Pressesprecher -

 


Sehr geehrter Herr Dr. Woesthoff!

Vielen Dank für Ihr Engagement in dieser Angelegenheit und einer weiteren Rückmeldung Ihrerseits. Sie schreiben u.a.

Fehl geht meines Erachtens der Verweis auf die gesellschaftliche Akzeptanz "weiblicher Zeigelust". Äpfel und Birnen sollte man nicht verwechseln - und der Frauenanteil an sexuellen Gewalttaten dürfte bekannt sein.


Wenn Sie sich gegen eine "Verwechslung von Äpfel mit Birnen" aussprechen, dann ergibt sich - ungeachtet Ihrer weiteren Ausführungen - die Frage, weshalb der Gesetzgeber den Gleichheitsgrundsatz ins Leben gerufen hat. Berücksichtigen Sie bitte auch, daß die Dunkelziffer sexueller Gewalttaten DURCH Frauen sehr hoch ist, was in der Öffentlichkeit leider verborgen bleibt. Viele männliche Opfer scheuen sich aus verständlichen Gründen, über einen solchen Übergriff zu sprechen.

Wenn wir sexuelle Gewalttaten einmal aus dieser Diskussion ausklammern (denn sie sind von der Zeigelust eindeutig zu trennen, ohne einem Gutachten aus Hessen vorgreifen zu wollen), dann ist der von Ihnen verharmloste Verweis auf die gesellschaftliche Akzeptanz "weiblicher Zeigelust" dennoch nicht unbegründet und durchaus angemessen. Die Straffreiheit weiblicher Zeigelust begründet sich im Besonderen auf die "Bedrohung" des Mannes, die von einer Frau angeblich nicht ausgeht. So jedenfalls "argumentierte" einmal das Bundesjustuzministerium als es um die Frage ging, weshalb nur Männer nach § 183 StGB verurteilt werden können.

Die Annahme, von einem männlichen Exhibitionisten gehe eine "Bedrohung" aus, hätte im Grunde bereits VOR Inkrafttreten dieses Paragraphen zur Klärung führen müssen, ob exhibitionistische Neigungen denn überhaupt einen Zusammenhang zu Gewalttaten herstellen. Man UNTERSTELLTE es dem männlichen Geschlecht einfach und assoziierte dies mit zurückliegenden sexuellen Übergriffen, die allerdings ganz klar NICHT auf exh. Handlungen zurückzuführen waren.

Ich will anhand dieses Beispiels auch deutlich machen, daß Politiker dazu neigen, recherchenlos Gesetzestexte in die Welt zu setzen. Heute, wo der Kindesmißbrauch und die Gewalttaten überhand nehmen, greifen die Gesetzgeber zum letzten Strohhalm (um dem Wähler nicht handlungsunfähig gegenüberzustehen) und klammern sich ausgerechnet an jene, die in der Tat harmlos sind und aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus mit absoluter Sicherheit GEWALTFREI sind.

Mit freundlichem Gruss
Achim F.

 

 

Weitere engagierte Schreiben an das BJM


ALFRED ESSER (KISS)
Leuthardstraße 6
44135 Dortmund

den 11.08.2001

An
Minister  Prof.Dr. Pfeiffer
Am  Waterlooplatz  1

30169  Hannover

Pressebericht vom  4.8.01   Exhibitionisten überprüfen
Studie über die Gefährlichkeit von Exhibitionisten - gegebenenfalls müssten sie in die
Gendatei mit aufgenommen werden.

Sehr geehrter Herr Minister Prof. Dr. Pfeiffer !

Als Gründer und Initiator der 1. deutschen  SHGr./ Gesprächskreis für Exhibitionisten (seit März 1988) in Dortmund , bin ich auf das Ergebnis dieser Studie sehr gespannt. Frühere  Untersuchungen/Studien  haben ergeben, dass Exhibitionisten in der Regel harmlos und ungefährlich sind und waren. Daran hat sich sicherlich auch in jüngster Zeit nichts geändert.

Man kann eine Sache  bagatellisieren  aber auch  dramatisieren. Die Medien neigen dazu männlichen Exhibitionismus zu dramatisieren da sich Schauergeschichten nun mal besser verkaufen lassen.

So ist bsw die weit verbreitete Ansicht , dass Exhis erschrecken, Angst verbreiten oder Macht demonstrieren wollen und daraus ihren sexuellen Lustgewinn erzielen schlichtweg falsch und unsinnig ja geradezu bösartig.

Vor allem sollte man endlich damit aufhören -  Exhibitionismus  mit  schweren Sexualdelikten wie bsw Vergewaltigung in einen Topf zu werfen . Zudem  sollte  Exhibitionismus vor Kindern  klarer getrennt werden als wie vor Erwachsenen ( lt. Gesetz §176/183 wird dies zwar getan, nicht jedoch in unserer Gesellschaft . Denn der größte Teil der  Exhis ist hetero Veranlagt und zeigt sich ausschließlich vor erwachsenen Frauen.

Wenig bekannt ist auch, dass homosexuelle Exhis kaum Schwierigkeiten haben ihre sexuelle Lust am Zeigen auszuleben, da ihre Zurschaustellungen selten angezeigt werden.

Ebenso wie weibl. Vorzeigerinnen  ihre exhibitionistische Neigung in unserem Land   ausleben können. Weibl. Exhibitionismus wird toleriert ja geradezu erwünscht, ,männl. dagegen kriminalisiert.

Da man bekanntlich alles von zwei oder mehreren Seiten betrachten kann, möchte ich Ihnen mein Buch  Zeigen verboten   Exhibitionismus : ein verkanntes Problem                   

- mit einigen Zusatz zu Verfügung stellen, um aus der Sicht  der Exhis etwas zu erfahren.

Ich würde mich freuen, wenn Sie  eine Stunde zum lesen opfern könnten und stehe Ihnen bei  eventuellen Fragen  gerne zu diensten.

Mit  freundlichen Gruß
Alfred Esser

e-mail:  esseralfred@aol.com

 

Alle an das Justizministerium gerichteten Schreiben werden auf Wunsch hier abgelegt. Richten Sie Ihre Zuschriften in Kopie bitte an:

waldfkk@aol.com

Stand: 26. Dezember 2002

 

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